Montag, 3. Dezember 2012

Aber meine kleinen Geschwister ... ?


Heute möchte ich euch gerne von einem Gespräch mit einem kleinen Mädchen aus der Schule, an der ich unterrichte, berichten. Das Mädchen geht in die dritte Klasse. Die Mutter dieser Drittklässlerin war schwanger. Als ihr Kind schon bald zur Welt kommen sollte, habe ich mit dem Mädchen eine Weile gesprochen. Nachdem ich sie gefragt habe, wie es ihr und ihrer Mama geht, antwortet sie mir: „Das Baby soll nächste Woche kommen. Aber mir geht es schlecht, ich bin traurig. Das Baby liegt nicht richtig im Bauch meiner Mama und deswegen geht es ihr sehr schlecht. Sie geht jeden Tag ins Krankenhaus. Ich habe Angst, dass sie stirbt. Und ich habe doch noch 3 kleinere Geschwister, was passiert dann mit denen, wenn meine Mama tot ist?“

[Kleine Anmerkung: In Peru gibt es keine Krankenversicherung. Für einen Kaiserschnitt hat die Familie aber höchstwahrscheinlich zu wenig Geld, weshalb die Mutter geduldig warten musste, bis sie ihr Kind auf natürliche Weise zur Welt bringt – mit dem Wissen, dass sowohl ihrem Kind, als auch ihr dabei etwas passieren könnte.]

Eine Woche später rede ich nochmal mit dem Mädchen und frage sie erneut wie es ihr, ihrer Mama und dem Baby geht, und ob es mittlerweile schon auf der Welt ist.
„Ich bin sehr traurig, weil mein Brüderchen gestorben ist. Aber meiner Mama geht es ganz gut, sie ist zu Hause, und das ist das Wichtigste!“
„Und dein Papa, ist der gerade auch zu Hause?“
„Ja, der kocht gerade für uns.“
(„Und, schmeckt das Essen, was er kocht?“
„Naja, ist nicht so lecker…“)
„Aber bald muss mein Papa wieder arbeiten gehen. Dann sind wir wieder alleine, meine Mama, meine 3 kleinen Geschwisterchen und ich.“


Dieses Gespräch hat mich sehr bewegt. Ich weiß, dass dieses Gespräch sehr traurig ist und deswegen vielleicht nicht ganz so gut in die Advents- und Weihnachtszeit passt. Für uns ist es teilweise einfach unvorstellbar mit welchen Tatsachen die Kinder hier leben müssen und wie viel Verantwortung sie tragen.
Trotzdem finde ich es absolut bemerkenswert, wie verantwortungsbewusst die Kinder hier schon von klein auf sind. Sie denken zuerst einmal nicht an sich selbst, sondern an ihre kleiner Geschwister. Vor allem die ältesten Geschwister müssen und wollen ihre Mutter oft unterstützen, da viele Familien ohne ihren Vater leben. (Dies hat viele verschiedene Gründe, aber ein andermal, in einen neuem Blogeintrag mehr darüber!)
Das fällt mir hier so oft auf, auch, wenn in der Schule ein kleiner Junge hinfällt, kommt sofort die große Schwester gerannt und tröstet ihn – ohne jeglichen Scham.
Welche große Schwester würde das in Deutschland in der Schule machen? Vielen wäre es sicherlich egal oder gar peinlich, sich um ihren kleinen Bruder zu kümmern – „was denken denn da die Anderen?“
Das finde ich hier super bewundernswert.

Als kleiner Anstoß für die Adventszeit: Ich wünsche mir, dass wir alle etwas von dieser kleinen Geschichte mitnehmen können. Dass wir schätzen lernen können, wie gut es uns geht und dass wir nicht immer nur uns alleine in den Vordergrund stellen, sondern die Augen -nicht nur, aber auch- für andere Menschen offen halten können.

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